Monica ist 56 Jahre alt und Mutter zweier erwachsener Kinder, von denen der 32jährige Sohn - entgegen aller Gerüchte über italienische Nesthocker - nicht mehr zu Hause wohnt. Monica arbeitet als Angestellte beim italienischen Verteidigungsministerium. Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich liebe Monica! Warum? Weil sie alles in ihrem Leben mit einer ansteckenden Leidenschaft angeht und sie jeder noch so winzigen Kleinigkeit etwas Großartiges abgewinnen kann. In ihrer Nähe wird ein belegtes Brötchen zum Festmahl, der tägliche Sonnenuntergang zum Spektakel und Rom zur schönsten Stadt des Universums. Monica liebt ihre Heimatstadt, für deren Schönheiten sie sich nicht weniger begeistert wie die Besucher aus aller Welt.
Wenn wir uns sehen, drehen sich unsere Gespräche wie bei allen Römern hauptsächlich ums Thema "Essen". Monica ist aber nicht nur meine Anlaufstelle in Sachen leckere Rezepte aus der römischen Küche. Wenn ich die Italiener mal wieder nicht verstehe, sorgt Monica bei mir nicht immer für eine gewisse Erkenntnis. Heute möchte ich mir von Ihr unter anderem das Wesen des italienischen Mannes erklären lassen.
Wir beginnen unser Gespräch mit einer Geschichte, die Monica am Vorabend erlebt hat. Gemeinsam mit einer Freundin war sie in einem Fitnessstudio, um sich für einen Zumba-Kurs anzumelden. Weil sie beide groß und blond sind, hielt man sie für Deutsche und sprach an der Rezeption ganz langsam und übertrieben deutlich mit ihnen, während die sportlichen Herren im Studio sich die Hälse verrenkten, um einen Blick auf die beiden "Bionde" (Blondinen) zu erhaschen. Eine perfekte Vorlage für meine erste Frage!
Kannst du mir als römische Blondine erklären, warum Römern diese Haarfarbe so gut gefällt?
Monica: Blondes Haar sticht Römern besonders ins Auge, weil dunkle Haare ganz einfach nicht so auffällig sind. In Italien sagt man: "Männer lieben die Blonden, heiraten aber die Brünetten". Wir Blondinen gelten als perfekte Freundin, gerade was den Sexappeal angeht. Dunkelhaarige hingegen sind vertrauenswürdiger. Abgesehen davon wird uns auch keine sonderlich hohe Intelligenz nachgesagt.
Wie bei uns in Deutschland!
Monica: Nein wirklich? Das habe ich gar nicht gewusst! Außerdem gilt schön gebräunte Haut bei Frauen als sexy. Bei Männern jedoch nicht! Das sind dann Machos. Um so heller die Haut, um so vertrauenswürdiger der Mann. Sagt man zumindest.
Werden in Italien auch Witze über Blondinen gerissen!
Monica: Was sind eine Blondine und zwei Gänse?
Ich habe nicht den blassesten Schimmer!
Monica: Drei Gänse!
Das deutsche Blondinen-Witzrepertoire bewegt sich auf ähnlichem Niveau! Lass uns lieber über Römerinnen, ganz unabhängig von ihrer Haarfarbe sprechen. Was mir im Straßenbild sofort aufgefallen ist, sind die vielen modischen und sehr feminin gekleideten Frauen. Ist es nur mein falscher Eindruck, dass Römerinnen extrem viel Wert auf eine "Bella Figura" legen oder spielt Aussehen in Rom tatsächlich eine so entscheidende Rolle im Leben?
Monica: Ja, es gefällt einigen Frauen sich schick zu machen. Es sind nicht alle so. Ich arbeite an einem recht eleganten Ort und hier gibt es Frauen, die kommen im Kostüm, andere wieder erscheinen in Jeans. Meiner Meinung nach ist ein gewisses Erscheinungsbild wichtig. Getreu dem Motto: Kleider machen Leute!Ich selber habe die Erfahrung gemacht, dass ein gepflegtes Auftreten mir in entscheidenden Situationen hilfreich war.
Ich habe schon den Eindruck, dass sehr viel Wert auf die Optik gelegt wird. In manchen Fällen vielleicht zu viel? Gerade wenn ich an die jungen Mädchen hier denke.
Monica: Junge Mädchen? Diese Alterstufe überspringen hier leider viele. Gerade waren es noch Kinder, schon machen sie sich wie erwachsene Frauen zurecht. Kleiden sich auffällig mit viel Schminke und hohen Absätzen, um die Aufmerksamkeit der Männer zu bekommen. Italiener erfüllen schon so ein bißchen das Klischee des Latin Lover und springen recht leicht auf solcheoptische Reize an.
Mir kommt es manchmal wie ein Spiel vor, aus dem beide Geschlechter ihre Vorteile ziehen.
Monica: Ja. Frauen, die Aufmerksamkeit suchen, finden sie bei den Männern, die gerne auf die Jagd nach schönen Frau gehen. Sicherlich sind nicht alle Römer Jäger, aber es gibt schon viele, die hin und wieder die Angel bei einer Frau auswerfen und schauen ob sie anbeißt. Gerade Römer sind für ihre verbale Schlagfertigkeit und ihren schnellen Witz bekannt. Die Männer im Norden hingegen sind etwas zurückhaltender.
Wird von römischen Männern auch eine "Bella Figura" erwartet?
Monica: In den letzten Jahren tun auch die Italiener einiges, um optisch positiv aufzufallen. Sie machen Sport, gehen ins Fitnessstudio, probieren Diäten und Antifaltencremes aus, rasieren sich die Brusthaare. Es ist vielleicht noch nicht ganz so aufwendig wie bei uns Frauen, aber sie holen in Punkto Körperpflege immer mehr auf. Ich persönlich bevorzuge auch gepflegte Männer. Aber bitte nicht zu übertrieben.
Und den Haushalt? Pflegen den die Römer ebenso wie ihr Äußeres oder machen sie ihrem Macho-Ruf alle Ehre?
Monica: Das ist unterschiedlich und kommt auf die Familie des Mannes an. Ob er dort im Haushalt mithelfen musste oder nicht. Sagen wir mal so, es sind doch recht viele, bei denen die Mutter alleine die Betten gemacht, gekocht, gebügelt und geputzt hat. Was später einiges an Konfliktpotential für die Beziehung birgt. Wie du weißt arbeiten hier oft beide Ehepartner, und wenn der Mann dann abends auf dem Sofa liegt und glaubt, dass seine Frau nach der Arbeit noch alleine den Haushalt erledigt, kann das zu Auseinandersetzungen führen. Ich persönlich finde es daher unheimlich wichtig, den Jungs von klein auf beizubringen im Haushalt mitzuhelfen.
Du kochst sehr gerne! Was ist das Geheimnis der weltweit so beliebten italienischen Küche?
Monica: Wir nennen Italien "il bel paese", das schöne Land mit vielen kulinarischen Traditionen. Jede einzelne Region hat ihre eigene Küche, ihre eigene Art und Weise Gerichte zuzubereiten. Ich liebe es verschiedene Rezepte aus den unterschiedlichsten Regionen Italiens auszuprobieren. Gut essen kann man in allen Regionen! Und das Geheimnis dahinter sind die traditionellen Rezepte, die von einer Generation zu nächsten weitervererbt werden. Und natürlich die hervorragenden Zutaten, die in unserem Land wachsen und hergestellt werden.
Wo kaufst du die Zutaten für deine Rezepte?
Monica: Im Supermarkt. Neben der Arbeit und dem Haushalt habe ich nicht genug Zeit, um jeden Tag auf den Markt zu gehen und meine Einkäufe in vielen verschiedenen Spezialitäten-Läden zu erledigen. Obwohl ich das gerne täte! Die Produkte auf dem Markt sind nicht nur frischer, sondern oft auch günstiger. Worauf ich allerdings im Supermarkt achte ist, woher das Produkt stammt.
Natürlich aus Italien!
Monica: Selbstverständlich aus Italien! Ich schaue eher noch aus welcher Region das Obst und Gemüse, der Käse oder der Schinken kommen. So würde ich nie Tomaten aus Norditalien kaufen. Die aus dem Süden sind viel schmackhafter.
Du hast eine Tochter und einen Sohn. Können beide kochen?
Monica: Beide kochen! Allerdings beherrschen auch beide nur einfache Rezepte und zeigen auch keine Ambitionen über das Lebensnotwendige hinaus zu kochen.
Lass uns am Ende unseres Gespräches noch etwas über Rom reden. Kannst du die ewige Stadt einmal mit ein paar Schlagwörtern beschreiben?
Monica: Rom ist eine faszinierende Stadt. Eine majestätische Stadt mit all diesen Monumenten wie dem Petersdom, dem Kolosseum, der Piazza Venezia oder dem Trevibrunnen. Eine geschichtsträchtige Stadt. Aber leider ist Rom auch eine dreckige Stadt mit viel zu viel Verkehr. Wer hier hin kommt, um die Schönheit und Großartigkeit Roms zu bewundern mag über den Dreck oder Verkehr hinwegsehen können. Wenn diese negativen Punkte allerdings verschwinden würden, dann wäre Rom die allerschönste Stadt der Welt.
Was fehlt Dir am meisten, wenn Du nicht in Rom bist?
Monica: Mir fehlt die Geräuschkulisse der Römer. Schon wenn man man frühen Morgen in der Stadt unterwegs ist, hört man immer jemanden lachen, sich unterhalten, einen Scherz machen. Als ich in Norditalien gewesen bin, sind alle ganz ernst und konzentriert zur Arbeit gefahren. Hier in Rom schaut man auch mal den blauen Himmel an oder trinkt noch einen Caffè in einer Bar. Mir liegt diese "Romanità", diese Lebensgefühl der Römer sehr. Ich bin nicht nur in Rom verliebt, sondern auch in die lockere Art seiner Einwohner. Natürlich fehlt mir auch das Klima. Allein unsere wundervollen Oktober und die milden Winter. Dann fehlen mir natürlich die vielen Kulturangebote der Stadt, das Kino, das Theater, die verschiedenen Stadtfeste und natürlich der "Römische Sommer" mit seinen kostenlosen Events!
Auf was könntest Du in Rom gut und gerne verzichten?
Monica: Im Grunde genommen auf Nichts! Mir gefallen sowohl die positiven als auch negativen Punkte, weil sie eben Rom ausmachen. Die Lebensqualität könnte nur ein ganz kleines bißchen besser sein.
Wenn eine deutsche Freundin Dich in Rom besuchen käme, an welche Orte würdest Du sie führen?
Monica: Ich würde mit ihr zum Trevibrunnen gehen, weil mir nicht nur der Brunnen selbst gefällt, sondern die vielen Anekdoten, die man sich über ihn erzählt. Dann würden wir noch einen Abstecher zum Vierströmebrunnen machen, wo ich ihr die Geschichte des Bauwerks von Bernini erzählen würde. Das Quartiere Coppedè, dieses Märchen-Viertel Roms, darf natürlich auch nicht fehlen. Oder der Orangengarten auf dem Aventin, von dem man einen wundervollen Blick auf die Kuppel des Petersdoms genießen darf.
Eine der berühmtesten und schönsten Brunnen Roms ist unbestritten der Trevibrunnen (Einweihung 1761), zu dem es auch Monica regelmäßig zieht. Einer ihrer Lieblingsgeschichten rund um das rauschende Bauwerk dreht sich um einen kleineren Trinkbrunnen rechts von der Hauptfassade. Die "Fontanina degli Innamorati" (Brünnchen der Verliebten) soll für ewige und treue Liebe sorgen. Die ist garantiert wenn ein Paar einen gemeinsamen Schluck von dem kühlen Nass nimmt. Wer solo in Rom unterwegs ist kann sich an dieser Legende erfreuen: Wer eine Münze über die Schulter in den Trevibrunnen wirft, dem winkt eine Rückkehr in die Ewige Stadt! Am besten folgt man diesen Brauch am frühen Morgen oder späten Abend. Tagsüber ist der kleine Platz vor dem weltbekannten Brunnen proppenvoll.
Wenn die geschundenen Füsse ein wenig Pause brauchen oder das Wetter nicht mitspielt, bietet sich eine Spazierfahrt ins Viertel Coppedè an, wo Frösche, Spinnen und Feen residieren. Gino Coppedè heißt der kreative Geist, der hinter dem märchenhaften Wohnkomplex rund um die Piazza Mincio steckt. Der Stil der Palazzi und Villen ist bizarr, üppig, detailverliebt, äußerst sehenswert und heißt Liberty. Diese Jugendstil-Vatiante hat Coppedè auf die Spitze getrieben und mit Rokoko-Elementen kombiniert, so dass am Ende sein ganz eigener Stil dabei heraus kam: der Coppedè-Stil. Das Wohnviertel entstand Anfang des 20. Jahrhunderts und erstreckt sich nur über einige Straßenzüge. Die Palazzi tragen Namen wie "Feenvilla" oder "Spinnenpalast". Beide stehen an der Piazza Mincio, auf der ein "Froschbrunnen" sprudelt. Wer gemütlich in die Phantasiewelt des Herrn Coppedè fahren möchte, steigt an der Piazza di Risorgimento in die Tram 19 Richtung Gerani ein. Über den Tiber ruckelt man vorbei an der Villa Giulia, die das Museo Nazionale Etrusco beherbergt. Vorbei an der Villa Borghese und dem Bioparco nähert man sich der Viale Liegi. Wenn man an der Fermata "Buenos Aires" aussteigt, gilt es nur noch die Viale Liegi zu überqueren und in die Via Tanaro zu gehen. Jetzt nur noch geradeaus und Ihr steht mitten im wunderbaren Reich des Herrn Coppedè.
Einer der romantischsten Orte mit Weitblick über die italienische Hauptstadt ist ohne Zweifel der Orangengarten auf dem Aventin. Seinen Namen verdankt der kleine Park dem Baumbestand voller orangefarbener Früchte, die allerdings von der bitteren Sorte sein sollen. Besonders idyllisch ist der Ausblick auf Rom unter der Woche, denn samstags und sonntags drängeln sich ganze Reisegruppen an der Balustrade der Aussichtsplattform. Vom Circus Maximus sind es ca. 5 - 10 Minuten Fußweg zum "Parco di Savallo".
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"Mein" Styleguide Rom für den NATIONAL GEOGRAPHIC!
Monatelang war ich für dieses tolle Projekt kreuz und quer in Rom unterwegs. Ständig auf der Suche nach den tollsten, coolsten, hippsten, sehenswertesten und einzigartigsten Locations. (Meine Erlebnisse mit den kapriziösen Römern während der Recherchearbeiten müsste ich eigentlich in einem separaten Buch verarbeiten...) Gefunden habe ich knapp 150 Restaurants, Cafés, Museen, Designer, Manufakturen, Bars, Hotels und tolle Interview-Partner, die Einblicke in ihr römisches Leben gewähren. So wie Cristian, Barista in einem der ältesten römischen Cafés. Oder die wunderbare Signora Luisa Longa. Künstlerin und Besitzerin eines traumhaften B&B in Trastevere.
Liebe Rom-Freunde, für alle diejenigen, die das schönste Chaos in Italien aus der Nähe kennenlernen möchten und auf der Suche nach ein paar Tipps, Anregungen und Inspirationen für den nächsten Rom-Trip sind, gibt es jetzt den "Fettnäpfchenführer Rom". Darin können Sie blättern, lesen und vor allem noch tiefer in den aufregenden römischen Alltag eintauchen. Ich wünsche Ihnen genauso viel Spaß beim Lesen wie ich ihn beim Schreiben hatte! Wer vorab einen Blick in das Inhaltsverzeichnis werfen möchte kann dies hier tun.