Eine Frau, die der Welt das Fürchten lehrt - Mary Shelley

Mary Shelley die Autorin des Klassikers "Frankenstein".
Mary Shelley die Autorin des Klassikers "Frankenstein".

Ich hatte keine Ahnung, dass eines der bedeutendsten Werke der Science-Fiction-Weltliteratur aus der Feder einer Frau stammt. Ich musste erst über ihren Mann stolpern, um auf Mary Shelley,  die Verfasserin von "Frankenstein", aufmerksam zu werden. Was aber verbindet eine  junge englische Schriftstellerin mit Rom? Da fange ich am besten einmal ganz von vorne an...

Direkt an der Spanischen Treppe liegt das Keats-Shelley-Museum.
Direkt an der Spanischen Treppe liegt das Keats-Shelley-Museum.

 Mit 16 Jahren verliebt Mary sich Hals über Kopf in den verheirateten Schriftsteller Percy Bysshe Shelley. Er ist Anhänger einiger unerhörter Ideen, fordert die Abschaffung der Aristokratie, die Umverteilung der Vermögen und das Wahlrecht für Frauen. Außerdem ist er  Atheist, Vegetarier und Beführworter der freien Liebe. Nach nur kurzer Zeit brennt Mary mit diesem Hippie des 18. Jahrhunderts durch! Ihre erste kleine Reise durch Europa dauert nur wenige Monate, bleibt jedoch nicht ohne Folgen. Sie kehrt schwanger nach England zurück. Ihre Tochter wird nur wenige Wochen alt werden. Nicht der erste und letzte schwere Schicksalsschlag in Mary Shelleys Leben. Von ihren vier geborenen Kindern, wird nur eines das Erwachsenenalter erreichen.

Die Cestio Pyramide - In ihrem Schatten liegt der Friedhof für Nichtkatholiken. Hier liegen Mary´s Mann und eines ihrer Kinder begraben.
Die Cestio Pyramide - In ihrem Schatten liegt der Friedhof für Nichtkatholiken. Hier liegen Mary´s Mann und eines ihrer Kinder begraben.

1816 ist das Jahr, in dem die Idee zu Frankenstein geboren wird. Mary reist mit Percy durch die Schweiz, wo sie regelmäßige Gäste des britischen Dichters Lord Byron am Genfer See sind. Der ist bereits zu Lebzeiten ein bekannter und erfolgreicher Dichter der englischen Romantik. Mit seinem provokanten Auftreten und seinen extravaganten Ansichten,  kann er jedoch nicht in England leben, ohne um sein Leben zu fürchten. Bei schlechtem Wetter kommt die illustre Dichter-Gesellschaft zusammen, um sich Schauergeschichten zu erzählen. Und so soll in der Schweiz nicht nur die Kurzgeschichte "Vampyr" (von John Polidori), die spätere literarische Vorlage für den Weltklassiker "Dracula" von Bram Storker entstanden sein, sondern auch die Geschichte über einen Wissenschaftler, der aus Leichenteilen ein Wesen erschafft, das es einmal auf die Filmleinwand schaffen wird. Das Buch "Frankenstein" wird im Jahr 1818 zum ersten Mal erscheinen. Allerdings unter einem anonymen Autor, weil literarische Werke von Frauen zu dieser Zeit verpönt sind.  Lange hält man Percy Shelley für den Autor, weil er das Vorwort verfaßt hat. Erst im Jahr 1931 wird "Frankenstein" erstmals unter dem Namen Mary Shelley veröffentlicht.

"Rome Repays for Everything"

Marc Aurel auf dem Kapitol - Einer der römischen Lieblingsplätze von Mary Shelley.
Marc Aurel auf dem Kapitol - Einer der römischen Lieblingsplätze von Mary Shelley.

Im Erscheinungsjahr von "Frankenstein" entfliehen die Shelleys mit einigen Freunden der gesellschaftlichen Ächtung auf der britischen Insel nach Italien. Im Frühjahr 1819 kommen sie in Rom an und Mary schreibt:"Rome repays for everything." Fasziniert zieht sie durch die Stadt und die Ruinen der römischen Antike. Während Percy von den  Caracalla-Thermen angetan ist, schwärmt Mary vom Kapitolhügel und dem Reiterstandbild Marc Aurels. Zur Osterzeit ist Rom voll mit Pilgern, darunter zahlreiche adlige Engländer, die sich auf der Grand Tour, einer Bildungsreise durch Italien, befinden. Genau die Klientel, von der die Shelleys aufgrund ihres Lebensstils und politischen Einstellung in ihrer Heimat geächtet sind. Dennoch ziehen die Shelleys von der Via del Corso mitten in das sogenannte Engländer-Viertel rund um die Spanische Treppe.

Antico Caffè Greco auf der noblen Via dei Condotti. Wie viele andere Literaten und Künstler gingen auch die Shelleys und Lord Byron hier ein und aus.
Antico Caffè Greco auf der noblen Via dei Condotti. Wie viele andere Literaten und Künstler gingen auch die Shelleys und Lord Byron hier ein und aus.

Erst die Malaria vertreibt die Shelleys aus dem geliebten Rom in Richtung Norditalien. Nach dem Verlust drei ihrer Kinder, trifft Mary in der Toskana der nächste heftige Schicksalsschlag. Im Jahr 1822 kommt Percy Shelley bei einem Segelausflug ums Leben. Er wird neben seinem Sohn William in Rom auf dem Campo Cestio im Schatten der Cestio Pyramide beigesetzt.

 

Mary kehrt zurück nach England, verlegt die Werke ihres Mannes, unternimmt noch zwei große Europareisen, schreibt Theaterstücke, Novellen und Reiseberichte.  Im Alter von 48 Jahren stirbt die Autorin von Frankenstein und große Rom-Liebhaberin im Jahr 1851 in London. 

Auf den Spuren von Mary Shelley in Rom!

Auch wenn die englische Schriftstellerin nur einige Monate ihres Lebens  in Rom verbracht hat, gibt es zahlreich Orte, an denen man ihr nach über 200 Jahren nahe kommen kann. Und dem Rom der Grand Tour, einem verheißungsvollem Ort für europäische Künstler und adlige Bildungsreisende, die durch die Überbleibsel der antiken Römer streiften, malten, dichteten und sich bildeten.  

#1 Palazzo Verospi

Die erste römische Unterkunft der Shelleys war ein nobler Stadtpalast auf der Via del Corso (374). Die Plakette an der Hauswand erinnert allerdings nur an Marys Gatten, der an dieser Stelle an zwei seiner wichtigsten Werke gearbeitet (Prometheus Unbound und The Cenci) haben soll. Unerwähnt bleibt, dass Mary ihren Mann auch bei diesen beiden Arbeiten nicht nur moralisch sondern auch inhaltlich unterstützt hat...

#2 Keats-Shelley-House

In dem Haus an der Spanischen Treppe, in dem einst John Keats mit nur 25 Jahren an Tuberkulose verstarb, befindet sich heute ein kleines Museum, das den beiden englischen Romantikern gewidmet ist. Neben Zeichnungen, Haarlocken, 

Manuskripten und einigen Büsten, findet man hier auch tatsächlich in einem kleinen Raum einen handgeschriebenen Brief von Mary Shelley.

Piazza di Spagna 26, Eintritt 5 Euro, Öffnungszeiten.

#3 Palazzo Zuccari

Mary Shelley wohnte einige Zeit in der Via Sistina nah an der Spanischen Treppe. In der Parallelstraße, der Via Gregoriana 28, muss sie damals an einem Haus vorbei gekommen sein, das genau ihrem Hang zu Gruselgeschichten entsprach.  Der Palazzo Zuccari aus dem 16. Jahrhundert verdankt seinen Spitznamen "Haus der Monster" einer recht gruseligen Fassadengestaltung. Die Eingangstüre liegt mitten in dem aufgerissener Mund einer Monsterfratze mit verdrehten Augen und Hörnern auf dem Kopf.



#4 Campo CEstio - Der Friedhof der Nichtkatholiken in Rom

Marys Mann und ihr Sohn William wurden außerhalb der römischen Stadtmauer auf dem Friedhof für Protestanten beigesetzt. Der Camp Cestio liegt im Schatten eines außergewöhnlichen römischen Bauwerkes: Der Pyramide des Cestius, die selbst einmal als Grabstätte für einen römischen Volkstribun errichtet worden war und dann später ganz pragmatisch in die Aurelianische Stadtmauer mit eingebaut wurde. Seit dem 18. Jahrhundert haben auf dem Friedhof eine Vielzahl nichtkatholischer Ausländer unter hohen Zypressen und Pinien ihre letzte Ruhe gefunden. Neben den Gräbern der beiden englischen Dichter der Romantik Percy Shelley und Johns Keats trifft man hier auf die Grabsteine von August von Goethe oder Hendrik Christian Andersen. Mehr Infos.

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