Darum solltet ihr in Neapel in den Hop-on-Hop-off-Bus steigen

Sensationelle Ausblicke auf den Golf von Neapel samt Vesuv während der Fahrt mit der Linie B
Sensationelle Ausblicke auf den Golf von Neapel samt Vesuv während der Fahrt mit der Linie B

Ganz ehrlich, wenn ich eine Touristenattraktion meide, dann sind es Hop-on-Hop-off-Busse. In Rom durfte ich einmal eine Studie über die dortigen Buswettbewerber erstellen. Im Rahmen dieses Jobs gehörten Fahrten mit allen Hop-on-Hop-off-Anbietern zum Pflichtprogramm und das ausgerechnet in der sommerlichen Touristen-Hochsaison. Seit dieser wenig spaßigen Erfahrung mache ich einen großen Bogen um diese Gefährte. Ich bewege mich lieber zu Fuß fernab der Touristenströme  oder nutze den öffentlichen Nahverkehr. So gewinne ich authentische Eindrücke von einer Stadt und erspare mir den Tagestouristen-Stress. In Neapel habe ich allerdings eine Ausnahme von dieser Regel gemacht. Ein Glück, denn ansonsten wären mir diese sensationellen Impressionen von Neapel, dem Golf und dem Vesuv entgangen.

Mit einem City-Sightseeing-Ticket könnt ihr 24 Stunden lang zwei Buslinien in Neapel nutzen. Die Linea A, die durch das historische Stadtzentrum fährt, habe ich nicht genutzt. Der Tourenverlauf versprach keine besonderen Ausblicke , aber vor allem Stillstand im neapolitanischen Verkehr. Die Linea B hingegen, die Panorama-Tour, fand ich ausgesprochen ansprechend. Sie führt raus aus dem Gewühl des Zentrums entlang der Küste in die Stadteile Mergellina und Posilippo. Auf der 70 minütigen Tour gibt es nur wenige Momente, in denen ihr keinen sensationellen Blick auf den Golf von Neapel, den Vesuv oder Capri habt. Der Start der Tour befindet sich am Castel Nuovo. Hier bekommt ihr an einer kleinen Bude das Busticket, das mich im November 2023 25 Euro gekostet hat.

Eine Traumtour mit dem Sightseeing-Bus in Neapel

Capri...immer wieder Capri. Die Insel vor Neapel ist ein ständiger Begleiter bei dieser Bustour.
Capri...immer wieder Capri. Die Insel vor Neapel ist ein ständiger Begleiter bei dieser Bustour.

Entlang der ewig langen Promenade mit besten Blick auf den Golf von Neapel startete die Fahrt dann in Richtung Mergellina. Besonders im Sommer ist dieses Viertel mit seinem kleinen Hafen und den zahlreichen Cafés mit Blick aufs Meer ein beliebtes Ziel in lauen Sommernächten. Einen Spaziergang in diese Ecke von Neapel kann ich euch nur empfehlen. Bald mehr dazu im Blog!

 

Langsam schaukelte der Doppeldeckerbus sich bei strahlendem Sonnenschein bergauf in das mondäne Posilippo. Von dem Hügel, auf dem das Viertel liegt, bis hinunter ans Meer stapeln sich hier die historischen Villen. Ich wusste garnicht wo ich zuerst hinschauen sollte. Capri, das in der Novembersonne strahlte?  Die Hausfassaden voller Patina? Der azurblaue Himmel? Die weißen Wellenspitzen auf dem glitzernden Meer? Das saftige Grün der Pinien?  Ich bin schon viel in Italien unterwegs gewesen. Das Land trägt mit Recht den Zusatz "schön". Aber was sich mir hier an diesem Novembernachmittag bot, war  eine der wunderbarsten Reizüberflutungen, die ich in Bella Italia bisher erleben durfte.

Ein echtes Naturschaupiel. Der Himmel, das Meer, das Grün. Mitten im November!
Ein echtes Naturschaupiel. Der Himmel, das Meer, das Grün. Mitten im November!

Irgendwann drehte der Bus in Posilippo in einem Kreisel und ich erhaschte einen ersten Blick auf Bagnoli und seine imposanten Industrieruinen. Die hatte ich erst vor ein paar Tagen aus der Nähe bestaunt. (Was euch in Bagnoli erwartet und wie ihr mit dem öffentlichen Nahverkehr dorthin gelangt, darüber schreibe ich bald im Blog.) Es sollte nicht mein letzter Blick auf das Viertel sein, das noch im 20. Jahrhundert ein bedeutendes Industriegebiet mit Stahlproduktion gewesen war. Heute ragen bizarre Stahlgerippe und  riesige verfallene Hallen aus der kargen Ebene, die direkt ans Meer führt. Während der Bus sich eine Hangstraße weiter in die Höhe quälte, weitete sich mein Blick auf die Industrieruinen von Bagnoli. Die Melancholie dieses verfallenen Ortes inmitten dieser landschaftlichen Schönheit ist berührend. Ich zumindest spürte auf meinen Armen eine Gänsehaut, die nicht von dem Fahrtwind stammte. 

Die verfallenen Industrieruinen von Bagnoli sind ein sehenswerter Lost Place, der nach amibitionieren Plänen irgendwann ein Badeparadies werden soll.
Die verfallenen Industrieruinen von Bagnoli sind ein sehenswerter Lost Place, der nach amibitionieren Plänen irgendwann ein Badeparadies werden soll.
Bis 1992 wurde in Bagnoli Stahl produziert. Heute ist das Gelände direkt am Meer mit Asbest und Schwermetallen verseucht.
Bis 1992 wurde in Bagnoli Stahl produziert. Heute ist das Gelände direkt am Meer mit Asbest und Schwermetallen verseucht.

Irgendwann bog der Bus nach rechts in eine Wohnstraße ab und es ging zurück in Richtung Zentrum. Dieser Teil der Tour kommt ohne Worte aus. Hier heißt es nur staunen und weite Ausblicke genießen.

Napoli..senza parole!
Napoli..senza parole!
Wenn Dachterrassen einen Sinn ergeben, dann hier!
Wenn Dachterrassen einen Sinn ergeben, dann hier!
Neapel von oben
Neapel von oben

Im Grunde fuhr der Bus die ähnliche Strecke wieder zurück bis zum Castel Nuovo. Schon als ich aus dem Bus ausgestiegen war, stand mein Plan fest. Ich würde am Abend die letzte Tour nocheinmal mitfahren, um mir diese einmalige Lanschaft im Sonnenuntergang nicht entgehen zu lassen.

Sundowner Tour mit dem Hop-On-Hop-Off-Bus

Abfahrt am Castel Nuovo mit Blich auf den Hafen und den allgegenwärtigen Vesuv.
Abfahrt am Castel Nuovo mit Blich auf den Hafen und den allgegenwärtigen Vesuv.

Die Panorama-Tour innerhalb von nur weniger Stunden gleich zweimal zu fahren, war eine der besten Ideen, die ich auf meinem Italien-Trip gehabt habe. Sehenswertes, das mir auf der ersten Runde entgangen war, stach mir jetzt ins Auge. Das Licht der sinkenden Sonne veränderte sich und die Landschaft von Minute zu Minute bis der Horizont bei Bagnoli sich in einen glutroten Streifen verwandelte. Den Anblick des funkelnden Vesuvs solltet ihr euch unter gar keinen Umständen entgehen lassen. Schaut hier selbst und wenn ihr in Neapel sein solltet, verpasst nicht die Sundowner-Runde mit dem Hop-on-Hop-off-Bus.

Am Ende bin ich noch ein drittes Mal mit der Linea B gefahren. Am nächsten Morgen habe ich mich von ihr bis ins Stadtviertel Mergellina fahren lassen. Dort gibt es einen sehenswerten Bahnhof aus den 1920er Jahren, das Grab von Virgil und ein pittoreskes Hafenviertel zu entdecken. Der fast einstündige Spaziergang zurück ins Zentrum von Neapel immer entlang am Meer ist ein Erlebnis, das ihr nicht verpassen solltet.

Imposant - die Fassade des Bahnhofs in Mergellina.
Imposant - die Fassade des Bahnhofs in Mergellina.
Typisch Napoli! Blau-weiße Strandhäuser am Hafen von Mergellina.
Typisch Napoli! Blau-weiße Strandhäuser am Hafen von Mergellina.