Tolle Haare gehören zu einem perfekten römischen Outfit, genauso wie die undezente Label-Sonnenbrille und das schicke Nobel-Handtäschchen. Damit oben rum alles sitzt verbringen Römerinnen regelmäßig viel Zeit beim Friseur. Bei den Wahnsinnsfrisuren die einem hier täglich entgegen gestöckelt kommen, habe ich mir in meiner italienischen Anfangszeit keine Sorgen um die Integrationsfähigkeiten meiner Haare gemacht. Nach zwei Friseurbesuchen in Rom allerdings, die einmal mit einer Fön-Brandverletzung auf meiner Kopfhaut und das andere Mal mit Strähnen so breit wie die Zebrastreifen geendet haben, versuche ich möglichst meine Deutschlandaufenthalte mit einem Friseurtermin zu verbinden. Diese Vorgehensweise führt automatisch zu langen Haaren und zeitweise zu einem breiten dunklen Ansatz.
Da mein Koblenzer Stammfriseur überraschend über die kompletten Weihnachtsfeiertage geschlossen hatte, musste ich mich heute nun doch wieder in einen italienischen
Friseurladen wagen müssen. Schon als ich in einem schwarzen Seidenkimono gehüllt vor einem Ganzkörperspiegel saß und beobachtete wie der smarte Chef-Figaro mit leicht ergrautem
Bärtchen mir vertrauensvoll beide Hände auf die Schultern legte und diese für lange Zeit dort ließ, um die "Bellissima" nach ihrem Namen und ihren Wünschen zu fragen, da wusste ich: das
hier,"Bellissima", wird ein ganz schön teures Vergnügen. Ungefähr zwei Stunden später zierte eine solche Unmenge an Aluminiumfolie meinen Kopf, dass meine Ökobilanz auf Lebzeiten versaut sein
wird. Mein Wunsch nach dünnen, nicht Zebrastreifenartigen Farbreflexen in meinem Haar hatte zu einer wahren, vorher noch nie von mir erlebten Strähnen-Orgie geführt.
Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen, aber es werden ungefähr 60 sorgfältig gefaltete, mit blauer Paste beschmierte Alu-Päckchen auf meinem Kopf gewesen sein. Was die nächsten 2,5 h passierte
kann ich nicht mehr vollständig rekonstruieren. Da war eine angenehme Kopf- massage. Viele junge metrosexuelle Kerle, die sich im Hinterzimmer in einem Barber Shop ihre Hipster Bärte und
Frisuren stutzen ließen. Einige Römerinnen, die mir demonstrierten wie praktisch ein Ganzkörperspiegel aus rein narzisstischer Perspektive sein kann. Eine Horde piepsiger
Nachwuchsitaliener, die den Friseurladen auf den Kopf stellten. Ohne dabei von ihren Müttern, die schon mit dem Trocknen ihrer frisch lackierten Fingernägel überfordert waren, gestört zu werden.
Mit einer gewissen Schadenfreude hörte ich dann wie einer der Sprösslinge damit prahlte dass er "Kaka" gemacht hätte, obwohl er keine Windel trüge. Naja, mit versiegelten Fingernägeln war das
bestimmt nur halb so schlimm... Nach rekordverdächtigen 4,5 h war ich ärmer, sehr viel blonder und um eine römische Erfahrung reicher. Zudem verspürte ich bereits erste Lähmungserscheinungen in
meiner Sitzmuskulatur. Viele Grüsse an dieser Stelle an den "Kunstschnitt" in Koblenz. Liebe Sandra, auf diesem Wege möchte ich mich schon einmal für Ostersamstag bei Dir anmelden. Ich
werde einen breiten Ansatz mitbringen...