Nach zwei Wochen Urlaub im Rheinland bin ich wieder in Rom gelandet. Pünktlich zum Befana-Fest. Vom 5. auf den 6. Januar kommt in Italien die Befana. Eine - mittlerweile pädagogisch korrekt nette - Hexe, die gemäß einer alten Legende den Anschluss an die drei Heiligen Könige verpasst hat und nun auf ihrer alljährlichen Suche nach dem Jesuskind bei den italienischen Kindern vorbeischaut und ihnen Süßigkeiten bringt. In manchen Regionen fliegen sogar todesmutige Hexen an Drahtseilen über Marktplätze und lassen es Süßigkeiten regnen. Überall im Land ist die ganze Familie auf den Beinen. Zudem verführt das verlängerte Wochenende zu einem Kurzurlaub. Zum Beispiel in Rom. Bereits gestern war kein Durchkommen mehr in der Innenstadt. In Strömen pilgerten die Besucher zu der Krippe vor dem Petersdom. Um dem Rummel zu entgehen, sind wir heute erstmal raus aus Rom nach Fregene ans Meer gefahren. Dort wo sich schicke römische Ferienhäuser aneinanderreihen und an lauen Sommernächten Strandparties gefeiert werden, war heute herrlich gähnende Leere. Bei strahlendem Sonnenschein hatten wir den Strand fast für uns alleine. Nach zwei Wochen Dauergrau und frösteligen Temperaturen in Deutschland ein fast schon surreales Erlebnis. Leider ist Fregene mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht einfach zu erreichen. Solange man den Strand nicht in der Hauptsaison besucht, kann man dort herrlich spazieren gehen und am Strand Muscheln essen. Im Sommer machen wir zumindest tagsüber einen großen Bogen um die überfüllten Stadtstrände. Wer einmal römische Meerluft schnuppern möchte, dem empfehle ich einen Ausflug nach Ostia. Hier fährt die Stadtbahn "Roma-Lido" (Ferrovia Urbana) regelmäßig ab dem Bahnhof "Porta S. Paolo". Um möglichst nah an der Promenade zu landen, sollte man an der Station "Lido Centro" aussteigen.
Zu einem italienischen Familienfeiertag gehört ein ausgedehnter "Pranzo". Ein Mittagessen, das wir heute im "Il Miraggio", Via della Lungara 16 (am Tiber zwischen St. Peter und Trastevere)genossen haben. Das "Il Miraggio" ist unsere "Schlechtwetter"-Lokalität. Es gibt kaum Aussenplätze. Die Küche ist römisch handfest und solide. Italiener sowie Touristen frequentieren das "Il Miraggio", das heute allerdings voll in italienischer Hand war. Nachdem wir den letzten nicht reservierten Tisch ergattert hatten, gab eine Lehrstunde in italienischer Lebensart. Familien und Freunde, Verwandte und Bekannte, Ur-Omas und Enkel trafen sich zum Befana-Pranzo. Bepackt mit Geschenken und bunten Blumensträußen in rot, weiss, grün. Es wurde umarmt, geküsst, gegessen, gegrüsst und lautstark diskutiert. Und wir mittendrin in diesem familiären Trubel, zwischen all den "Auguri" (Glückwünschen) und "Baci" (Küssen). Wenn man nur lange genug zuschaut, bekommt man das seltsame Verlangen selbst jeden neuen Gast überschwänglich zu begrüßen. Italienisch sein, ist ansteckend. In Deutschland muss ich mich mittlerweile zusammenreissen, um nicht jedem die obligatorischen Küsschen aufzudrängen. Bei unseren weihnachtlichen Restaurantbesuchen in Deutschland ist uns auch wie laut wir geworden sind. Statt gepflegtes leises Gemurmel tendieren wir mittlerweile eher zu ausgelassener, geräuschvoller Konversation, die in Italien oft nötig ist, weil man sich sonst nicht verstehen würde. Jetzt aber zur wichtigsten Nebensächlichkeit der Welt: dem Essen. Ich kann alles Frittierte im "Il Miraggio" empfehlen: kleine Tintenfische, Sardinen, Artischocken, diverses Gemüse... Als Secondo gab es heute "Calamari alla grilia". Sehr gut! Bis zur nächsten Befana dauert es ja nun noch ein Jahr. In der Zwischenzeit kann ich jedem nur ans Herz legen, sonntags mittags einmal in Rom (z.B. "Il Miraggio" oder "Osteria di Cicerone") essen zu gehen. Mitten zwischen römischen Familien und in einer recht lebendigen Atmosphäre schmecken die "Cacio e Pepe" doppelt so gut. Nur geräuschempfindlich sollte man nicht sein... In diesem Sinne: Buon Appetito!