Im Juli ist die Stadt voll. Voll unterschiedlicher Nationalitäten, Gemütern und Vorstellungen von guten Benehmen. Dabei gibt es einige Basics des höflichen Miteinanders, die multikulturell anerkannt sein sollten und den Aufenthalt in Rom für alle Beteiligten angenehmer gestalten können. Da mir der erhobene Zeigefinger nicht gut steht, möchte ich an dieser Stelle drei kleine Anekdoten zum Besten geben. Die "Bitte nicht wiederholen"-Geschichten beruhen alle auf wahren Begebenheiten. Leider...
Das französische Busticket
Anna-Maria betreibt einen dieser unglaublichen Tabakläden, in denen man sein halbes Leben abwickeln kann. Hier gibt es Bustickets, hier bezahlt man seine Stromrechnung, hier lädt man seine Handykarte auf. Anna-Maria`s Laden hat eine Top-Lage. Genau zwischen Petersdom und Trastevere. Eines Tages betrat nun eine französische Touristin das Geschäft, in dem übrigens eine Zeit lang String-Tangas der Verkaufsrenner waren.
Die Dame jedoch wollte ein Busticket erwerben. Eines mit 100 Minuten Gültigkeit. Für dieses Ticket verlangte dann Anna-Maria 1,50 EUR. Woraufhin sich heraustellte, dass die Französin neben einem veralteten Reiseführer auch über eine gehörige Portion Misstrauen gegenüber ihren italienischen Nachbarn verfügte.
(Die folgende Konversation darf man sich auf englisch vorstellen! Wobei Anna-Maria selbiges mit einem breiten australischen Akzent spricht! Die Französin mit einem französischen!)
Den eben schon erwähnten Reiseführer hielt die Kundin empört in die Luft: 1,50 EUR? Nein, das würde Sie niemals bezahlen. In dem Reiseführer stünde, dass dieses Ticket nur 1 EUR kostet. Und mehr würde Sie nicht bezahlen.
Anna-Maria, sonst eher kein geduldiger Mensch, versuchte nun der aufgebrachten Kundin zu erklären, dass Papier zwar geduldig sei, die römischen Verkehrsbetriebe jedoch nicht und zwischenzeitlich die Preise angehoben hätten. Auf 1,50 EUR das Ticket. Mittlerweile hysterisch vor sich hin kreischend hielt die Französin immer noch ihren Reiseführer gleich einer Bibel, mahnend in die Luft. 1 EUR stünde doch dort. Schwarz auf weiss. Warum sollte sie mehr bezahlen? Anna-Maria hielt der Kundin zum Beweis einen ganzen Stapel Bustickets unter die Nase. Aufgedruckter Preis: 1,50 EUR.
Das war zuviel der Niedertracht für die Französin. Sie verließ wutschnaubend und auf italienisch schimpfend den Laden. "Ladra" schmiss Sie Anna-Maria noch an den Kopf, was nichts anderes heisst als "Diebin". Was lernen wir aus dieser Geschichte? Erstens, wenn dir dein Leben lieb ist, gehe nie zu Anna-Maria in den Laden und verlange ein "Französisches Busticket". Zweitens, Bustickets mit einer Gültigkeit von 100 Minuten kosten 1,50 EUR. Noch.....
Der russische Stadtplan
Gleicher Ort, diesselbe Protagonistin. Der Tabakladen und Anna-Maria.
Dieses Mal spielt noch ein russisches Pärchen mit, welches grosses Interesse an einem römischen Stadtplan zeigte. Aber anstatt den Plan bei Anna-Maria zu erwerben, falteten sie ihn im Laden auseinander und übertrugen in aller Seelenruhe Straßennamen auf ein Blatt Papier. Den anschliessenden lautstarken Monolog hielt Anna-Maria nicht auf Englisch. Das junge russische Pärchen verstand auch so, dass Ihnen gerade auf Italienisch die Pest an den Hals gewünscht wurde und man die verwendeten Worte in Gegenwart von Minderjährigen nicht wiederholen sollte. Eilig und ohne Plan verließen sie den Laden.
Wer das Verhalten des Pärchens nicht für unverschämt sondern für eine gute Idee hält, der sollte bei der Nachahmung wenigstens so tun, als ob er nicht aus Deutschland käme. Was mich direkt zur nächsten Anekdote führt...
Die deutsche Armut
Überall in Rom finden sich "Straßenkünstler", die sich als Fotoobjekte zur Verfügung stellen. Statuen ohne Kopf, Statuen in Gold, Statuen in Silber..... Wie auch immer sie aussehen, neben ihnen steht immer ein Hut und zwar nicht grundlos. Nun durfte, konnte und musste ich beobachten wie eine Gruppe deutscher Damen sich mit einer kopflosen Variante fotografieren ließ. Den Hut und die damit verbundene dezente Aufforderung einen kleinen Obulus zu hinterlassen, hatten die Damen tunlichst übersehen. Als der Kopflose sie mit einer höflichen Handbewegung auf den Hut aufmerksam machte, bekam er nun folgende Antwort: Ein hysterisches Gegiggel und "No,no! We are arm!"
Korrekt! Arm an englischem Vokabular und Anstand.
Was soll ich dieser Geschichte noch hinzufügen, ausser der goldenen weltweit gültigen Benimm-Regel: „Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu." In diesem Sinne, einen wundervollen Aufenthalt in der EWIGEN!