Unlängst wurden in einem äußerst deprimierenden SPIEGEL-Artikel die Römer als "gelernte Helden des Alltags" gerühmt. Tagtäglich ertragen sie - also auch ich - das Chaos einer Stadt, die quasi dem Untergang geweiht ist. Nach der Lektüre des Artikels kann man sich als Römer entweder den Strick nehmen oder nach Mailand ziehen, was für viele aufs Gleiche hinausläuft.
Oder man legt ganz einfach regelmäßig Urlaub vom Heldendasein ein. In der Regel wählt der römische Bürger die zweite Variante, reisst sich das Superman-Kostüm vom Leib und fährt am Sonntag ins Grüne. Weit muss man dafür nicht fahren, denn die ewige Stadt besitzt einige Parks. Ich habe mich heute für die Villa Torlonia, an der Via Nomentana, entschieden. Eine übersichtliche und auf reizende Art und Weise verwilderte Anlage, in der sonntags gejoggt, gepicknickt, der Hund und/oder der Nachwuchs ausgeführt wird.
Neben römischen Helden in freier Wildbahn gibt es auch einige interessante Bauwerke zu bewundern. Das Gelände befand sich einst in den noblen Händen der Familien Pamphili und Colonna, die es als eine Art Landgut hielten. In seine heutige Form wurde der Park von der Familia Torlonia ab 1802 gebracht: Ein romantisch grüner Ort mit Theater, Skulpturen, Sphinx, Teich und dem weissen Casino Nobile im Neoklassizismus. Von 1925 bis 1943 hat hier übrigens Benito Mussolini residiert. Seine Bunkeranlage unter dem Casino kann heute noch besichtigt werden. In den Stockwerken darüber ist ein kommunales Museum eingezogen.
Mein Lieblingort in der Villa Torlonia ist La Casetta delle Civette - das Eulenhäuschen. Ursprünglich als uriges Schweizer Chalet angelegt, erhielt es Anfang des 20. Jhd. ein mittelalterliches Face-Lifting, um dann ab 1916 mit Jugendstil-Elementen versehen zu werden. Das Endergebnis ist zauberhaft anzsehen und hätte gut in die Kulisse eines Harry Potter Films gepasst. Noch bis 1938 lebte hier der Principe Giovanni Torlonia jr. sehr zurückgezogen und dem Esoterischem zugewandt. Heute befindet sich in den Räumlichkeiten ein Museum, das sich der Glaskunst widmet. Ein Blick auf die wunderbaren Jugendstilfenster erklärt den Zusammenhang von selbst.
Solltet Ihr an einem Sonntag in Rom verweilen und schon einige Tage straffes Touristenprogramm hinter Euch haben - was nicht weniger heldenhaft als das Ertragen des römischen Alltagsleben ist - empfehle ich eine Verschnaufpause in der Villa Torlonia. Nicht unweit liegt das Coppedè Viertel, ein Muss für Freunde des Jugendstils . Ich würde über die Viale Regina Margherita dorthin schlendern, denn hier passiert man zwei unwiderstehliche Cafés. Einen schönen Sonntag wünsche ich!
So Kommt Ihr zur Villa Torlonia:
Nähe Petersdom:
ab Piazza Risorgimento mit der Tram 19 Richtung Gerani bis Haltestelle Regina Margherita/Nomentana
Nähe Piazza Venezia:
ab Ara Coeli mit der Buslinie 62 bis Nomentana/Trieste
Nähe Termini:
ab Termini mit Metro B bis Policlinico
Musei di Villa Torlonia, Via Nomentana 70, 9.00 Uhr - 19.00 Uhr, montags geschlossen